Meine Donau-Route: 32. Tag

Etappe 29: Von Herzogenburg nach Atzenbrugg

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen: Es regnet nicht mehr. Ich frühstücke reichlich, dann geht’s los. Tschüss Hotel, ich habe mich erstaunlich wohl gefühlt, trotz Business- und Klassenfahrtsatmosphäre.

Ich komme in die Stadt mit dem klangvollen Namen. Dort steht zwar keine Burg, aber ein Stift. Es war seit 1112 ein Kloster und wurde im Barock prächtig neu gestaltet. Auch in der Stadtmitte verteilen sich barocke Häuser.

Kinder können in der Kutsche vors Rathaus „fahren“.
Ich laufe heute überwiegend auf Landstraßen, da ich so in nur 20 Kilometern am Ziel sein werde, die kürzeste Strecke.
Auch hier war Hochwasser. Die Traisen sieht, wie die meisten anderen Gewässer, nach vier Wochen wieder völlig harmlos aus.

Ob ich auf den kommenden sieben Kilometern noch mehr Barock zu sehen bekomme?

Ein bisschen kann ich sogar Waldbaden, auch wenn die Straße den Wald zerteilt. Ich laufe ohne Pause. Ich vertreibe mir die Zeit mit einem Meter-Runterzähl-Spiel, das ich spontan erfinde. Nach jeweils sechs Pfosten „fresse“ ich 200 Meter. Ich spüre förmlich, wie die Kilometer nach Wohin-auch-immer konstant weniger werden.

 

 

 

 

 

Vor lauter Langeweile sehe ich mich auch als weiblichen Müll-Sheriff. Es liegt erstaunlich wenig Müll rum, außer Dosen. Dosen in allen Variationen: zerdrückt, intakte, von Bier, von Red Bull… Dabei dachte ich, dass es in Österreich auch Dosenpfand gäbe. (Okay, nicht wirklich interessant, aber mir vertreiben solche Spiele die Zeit.)
Am Ende der sieben Kilometer sehe ich dann sogar wirklich noch etwas Barock:

Links von mir erstreckt sich bereits wieder das Donautal.

Noch zwei Tage bis Wien.
Ich übernachte heute im Golf-Hotel, ganz feudal, im riesigen Zimmer. Da könnte eine kleine Familie in einer Großstadt wahrscheinlich eine Weile zufrieden leben.

Die Nachbarschaft fällt kaum auf:
Der Preis für meine Herberge ist vermutlich nur deshalb so moderat, weil der Golfplatz wegen Hochwassers geschlossen ist.
Der Nachteil: Das Restaurant ist auch geschlossen, zumindest am Abend. Im zweieinhalb Kilometer entfernten Nachbarort gibt es leider keinerlei Alternativen. Der Kebab-Laden, beispielsweise, hat Dienstags Ruhetag. Ich bin ziemlich verstimmt. Dann mache ich das beste aus der Lage. Ich kaufe Käse, Gebäckstangen und Bier ein. Ich gönne mir einen gemütlichen Abend in meinem riesigen, temporären „Zuhause“.
Dann gönne ich meinen Muskeln auch noch ein heißes Bad. (In meinem geräumigen Nassbereich gibt es natürlich Wanne und Dusche.)
Wenn ich auf den Tag zurück blicke, bin ich zufrieden. 21 Kilometer konnte ich zielsicher und problemlos am Stück laufen. Ich wollte früh im Hotel sein, um genug Zeit für die Essenssuche zu haben, vergeblich. Ich konnte mich trotzdem gut entspannen, denn es war endlich mal wieder Muße am Abend. Soviel Luxus ist ziemlich unpassend für eine Wandersfrau, aber gerade bin ich zu müde um das zu hinterfragen.
Ein wenig sorge ich mich um morgen Abend. Da bahnt sich ein ähnliches (oder noch schlimmeres) Problem an, denn morgen liegt eine Etappe von mindestens 30 Kilometern vor mir. Leider gibt es keine Alternative. Die Essensproblematik wird aber, wie immer sie sich auch darstellen mag, das letzte Mal auftauchen, denn übermorgen komme ich in Wien an. Irre, ich scheine das ja wahrscheinlich wirklich zu schaffen!

 

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Meine Donau-Route: 31. Tag

Etappe 28: Von Loosdorf nach Herzogenburg

Heute ist mal wieder ein weiter Weg geplant: 28 Kilometer. Schnell liegt der Ort in der Ferne.
Es geht eine Zeit lang bergauf, und dann lande ich im Wald.
Eigentlich tut mir ja das Waldbaden immer gut, aber heute entwickelt es sich mehr und mehr zum Hindernisschwimmen: Der Weg wird matschig und die Brombeeren anhänglich. Allerdings können mich schmutzige Schuhe seit gestern nicht mehr schrecken. Ich fühle mich völlig allein, da tuckert etwas eine Zeit lang vor mir und wird immer lauter.
Der Mann stoppt seinen Traktor hinter mir, nimmt den Korb und steigt hoch in den Wald. „Wollen Sie Pilze sammeln?“ „Ja, es gibt viele Schwammerln dies Jahr.“ Und wenn der mit seinem Traktor von irgendwo her kommt, dann muss der Weg auch weitergehen, rede ich mir hoffnungsvoll ein.
Es geht steil nach unten. Ich komme nur langsam vorwärts. Aber dann bin ich am Bach angelangt und atme auf. Jetzt wird der Weg wirklich gut!
Allerdings war da dieses Hochwasser vor einem Monat. Ich schaffe es tatsächlich diese Hürden zu überwinden. Gustav muss dabei runter vom Rücken.

Mit gemischten Gefühlen geht es danach weiter. War dieses Hindernis das einzige? Kurz darauf folgt die Antwort: Hier geht es definitiv nicht weiter!
Es gibt keinen Weg mehr! Ich versuche Komoot eine moderate Routenänderung zu entlocken, aber habe keinen Erfolg. Ich muss zurück bis zu Beginn des Matschweges und dann erst eröffnet sich eine neue Strecke. Als ich wieder oben bin, denke ich: „Super, jetzt bin fast zweieinhalb Stunden unterwegs und ungefähr schon drei Kilometer vom Ausgangspunkt entfernt.“ Und die Natur ist so schön, doch die Vorstellung der lange Strecke vor mir überschattet meine Wahrnehmung ein wenig.
Diese kleine Hürde am Ende des Waldes stellt keinerlei Herausforderung dar.
Ich komme langsam aber stetig vorwärts. Die Motivation könnte besser sein, aber der Körper spielt mit. Ich laufe vorwiegend auf Landstraßen und Feldwegen. Ich sehe Hochwasserspuren. Die Pielach sieht jetzt jedoch völlig friedlich aus.

Ich ziehe durch viele unterschiedliche Ortschaften, die eines gemeinsam haben: keine Koffeinquelle. Die Namen empfinde ich teilweise als recht ungewöhnlich.

Ich sehe neben vielen abgeernteten Felder auch Sonnenblumenfelder und Apfelplantagen.
Meist ziehen sich die Berge des Wienerwaldes rechts von mir entlang.

Es wird langsam Abend und ich bin immer noch unterwegs.

Langsam häufen sich die Herausforderungen: Es wird dunkel und ich muss darauf achten, dass ich in Sicherheit vor den Autos bin. Es fängt an zu regnen und der Handyakku wird leer. Aber all das ist schnell vergessen, als ich um kurz nach sieben im Hotel ankomme. Hier gibt es eine Rezeption und Abendessen, selbst am Montag. Das ist Luxus! Mich stören weder das Industriegebiet, welches das Hotel  umgibt (im Gegensatz zum klangvollen Namen des Ortes), noch die Schüler, die auf Klassenfahrt sind.
Es war ein eigenartiger Tag heute: 31 Kilometer bin ich gelaufen. Frust und Langeweile paarten sich mit Gelassenheit und Ausdauer. Selbst die schlechte WLAN-Verbindung habe ich jetzt doch noch mit Geduld ertragen.

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Meine Donau-Route: 30. Tag

Etappe 27: Von Pöchlarn nach Loosdorf

Beim Frühstück halte ich mich länger als geplant auf, denn mein Tischnachbar ist Schachspieler und hat heute Nachmittag ein Turnier. Mir fehlt leider jederlei Zugang zu diesem Spiel und deshalb versucht er mich mit seiner Begeisterung anzustecken. Vergeblich, aber er weiß es nicht. Dann wird es Zeit.

Die schönsten Anblicke der Stadt erlebte ich gestern. Heute führt mein Weg erst über den Friedhof und dann durch das Industriegebiet.
Ich hätte nicht gedacht, dass Tiernahrung in einem so großen Werk hergestellt wird. Komoot führt mich auf einem Pfad am Rande des Betriebes zur Donau. Noch bevor ich am Fluss bin, sehen meine Schuhe so aus:
Wenn mir mein gesunder Menschenverstand nicht versichert hätte, dass auf einem Betriebsgelände kein gefährliches Moor sein kann, dann hätte ich wahrscheinlich bei dem weichen Untergrund Angst bekommen.
Ich erreiche die Donau dann auch wohlbehalten. Auf der anderen Seite werden Menschen eher halbherzig davon abgehalten, den gleichen Fehler zu begehen wie ich.

Ich schäme mich zwar erst ein wenig wegen meiner Schuhe, aber dann sehe ich sie als Gelassenheitsübung. Wahrscheinlich bin ich seit meiner Kindheit nicht mehr so gezielt durch Pfützen gestampft.
Es nieselt und gießt im Wechsel. Manchmal hört es wieder auf und ich denke, dass der Regen überstanden ist. Dann geht es wieder von vorne los. Dieser Wechsel nervt, aber er verhindert, dass ich allzu nass werde.
In beide Richtungen der Donau sieht es trübe aus. Ich komme trotzdem konstant voran, lasse mich vom Wetter nicht allzu sehr stören. Das Stift Melk wechselt mehrmals sein Erscheinungsbild. Mal liegt es mystisch verschleiert im Hintergrund, mal wird es vom Regen verhüllt.
Wie abwechslungsreich doch Baustellengelb im Regen sein kann!
Melk ist nicht nur mein Ziel, sondern auch das von einigen Kreuzfahrern.
(=546 Flusskilometer von Ulm entfernt) – Tschüß Donau, ich verlasse dich jetzt eine Weile und werde dich vor Wien wiedersehen❤️.
Ich habe vor, in Melk ein wenig zu schlendern und ein paar typische Eindrücke von der Stadt mit der Kamera einzufangen. Aber es kommt anders. Seit 1451 wird am 13. Oktober der Kolomanitag gefeiert, genannt nach Koloman, dem Schutzpatron der Stadt. Da sind alle auf den Beinen. Das Wetter scheint niemandem etwas auszumachen.

 

 

 

 

 

Ich freue mich für die fröhlichen Leute, aber mir ist der Rummel zu viel. Ich verziehe mich in ein gemütliches Café und genieße Melange mit Apfelstrudel.
Danach steige ich die Treppen zum Stift hoch und möchte in Ruhe das Gebäude würdigen.
Auch nicht möglich. Hier ist es fast genauso bevölkert wie unten in der Stadt.

 

 

 

 

 

Unter einem der Bögen finde ich ein angenehmes Plätzchen, auf dem ich mich vor dem Regen schützte. Ich kann von dort aus gefühlt hundert Menschen beobachten, die auf eine Führung warten.

 

 

 

 

 

Noch ein letzter Blick auf die Stadt und weiter geht‘s.
Ich bleibe meist auf der Landstraße nach Loosdorf, nachdem sich zwei alternative Wege als zu nass, beziehungsweise nicht existent herausgestellt haben.

Das Hochwasser hat hier schwer gewütet, erfahre ich von einer Spaziergängerin. Sie erzählt mir das Schicksal ihrer Tochter.

Ich erinnere mich, dass ich gestern in der Nähe der Ybbs-Mündung viele Kürbisse gesehen habe und mich fragte, wer die wohl dort kompostieren wollte. Heute im Café erfuhr ich, dass die Kürbissernte an manchen Stellen von der Flut ans Ufer geschwemmt worden sei. Ohje, und nicht nur die Donau, sondern auch die kleinen Flüsslein waren betroffen.

Manch ein Örtchen hat hier sein eigenes Schloss:

Schloss Pielach
Schloss Albrechtsberg
Diese Immobilien wirken leider recht renovierungsbedürftig.

“Was werden die in meinen Bed& Breakfast sagen, wenn ich mit meinen Schuhen auftauche?“ Niemand sagt etwas, denn niemand ist da. Ich rufe eine Telefonnummer an und erfahre meine Zimmernummer. „Essen? Ja, vielleicht vom Döner-Imbiss oder in der Pizzeria. Und Frühstück gibt es bei uns auch nicht. Das Erdgeschoss wurde vom Hochwasser zerstört.“ Ach, die Armen!
Eigentlich finde ich es sowieso schon traurig, dass der vermutlich einst stolze Gasthof heute nur noch Übernachtungsgäste beherbergt.
Ich laufe in den Ort, verspüre dort aber keine Lust, mir einen Döner zu kaufen um ihn dann in meiner 70er-Jahre Küche zu essen. Die Pizzeria suche ich vergeblich. Sie existiert nicht (mehr). Vor meinem inneren Auge sehe ich mich dann doch einen Döner auspacken, da entdecke ich diesen Asia Wog, ein richtiges Restaurant. Ich bin hocherfreut.
Ente (bzw. Hühnchen) gut, alles gut. Es gibt sogar noch einen kostenlosen Vitamin-Cocktail als Nachtisch.

 

 

 

 

 

 

njIch blicke gern auf den Tag zurück, obwohl nicht alles rund lief. Aber es gab Abwechslung und ich fühlte mich gut. Die 21 Kilometer Wanderung mit Sightseeing bedeuteten keinerlei Herausforderung. Hoffentlich bleibe ich so fit, denn es wird in den nächsten Tagen bestimmt ganz anders werden.

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Meine Donau-Route: 29 Tag

Etappe 26: Von Weins nach Pöchlarn

Nach dem Auschecken besuche ich noch einmal mein „Lost Place“. Ja, es war ein Bahnhof! Ich weiß mittlerweile, dass die Eltern meines Gastgebers und Sternekochs hier ursprünglich einen Kiosk hatten und von den Reisenden profitierten. Wie angenehm, wenn ein Betrieb so erfolgreich weiter geht!
Ich ziehe durch das gesichtslose Weins und gelange wieder zur B3-Donau-Kombi. Es ist bestens gesorgt für alle, die nicht mit deren Auto unterwegs sind. Zweimal führt ein Steg mit einem Gitter rechts der Straße entlang, direkt über Donauwasser, beeindruckend! Allerdings hat der Fluss heute Morgen eine unangenehme braune Farbe.

 

 

 

 

 

 

Auf dem Weg zum Frühstück in Persenbeug komme ich an viel altem Gemäuern vorbei.

Ich entscheide mich, rechts der Donau weiter zu laufen und nehme dafür einen Umweg in Kauf.
Als ich über das Wehr gehe, erblicke ich diese beiden Wasserfahrzeuge in einer der beiden Schleusen. Die ist definitiv Schrott! (Oder Biotope?)
Links des Flusses liegt Persenbeug und rechts Ybbs. Es ist ein nettes Städtchen trotz des Namens, der aussieht wie eine Ansammlung von Tippfehlern.

 

 

 

 

 

 

Es gibt sogar ein Fahrradmuseum.

Gustav will mal wieder Einkaufswagen fahren. Es gibt erneut Müsliriegel und Studentenfutter. Ybbs besitzt nicht nur Romantik, sondern auch Industrie.
 

 

 

 

 

 

Ich begleite die Ybbs ungefähr einen Kilometer lang bis zu ihrer Mündung in die Donau.
Als ich von zuhause loslief, herrschte in dieser Gegend Hochwasser. Die Spuren sind unverkennbar. Alles sieht recht struppig aus.
Ich gönne uns ein Päuschen in der Sonne.
Stift Säusenstein: eine ehemalige Zisterzienserabtei
Ich laufe entlang einer Bahnlinie und hier fahren wirklich noch Züge.

In Krummnussbaum trinke ich einen Kaffee im Café Nusseckerl. Hier ist Nomen gleich Omen. Ich registriere ein ganzes Geschäft mit Walnusslikör. Es gibt einen Gasthof Nusserl. Der Autohändlern heißt Nuss. Ich komme an einem Garten vorbei, in dem ein Ehepaar Walnüsse aufsammelt. „Wie ist die Ernte dieses Jahr?“ „Außerordentlich gut!“. Sie haben sogar einen GeNussweg und andere Touren zu bieten.
Ich laufe auf dem Damm zwischen der Donau und einem anderen Gewässer.
Mir kommt ein Pärchen entgegen, das noch schwerer beladen ist als ich. Ich erfahre, dass die beiden auch entlang der Donau unterwegs sind, aber lange nicht so luxuriös wie ich. Sie übernachten in Scheunen und leben von Vorräten wie Nüssen und Äpfeln. Das ist eine andere Liga, denke ich. Und doch teilen wir die Begeisterung für den Fluss. Sie haben vor mir nur drei Donau-Wandersmenschen getroffen und ich vor denen noch niemanden. Fahrradfahrern ist eindeutig viel beliebter.
Hier mündet die Erlauf.
Seeräuber?
Der Weiher von Pöchlarn wirkt sehr herbstlich.
Ich komme bei leuchtendem Abendlicht im Städtchen an und fotografiere einige schöne Motive am Wegesrand. Die Gemeinde scheint an manchen Stellen mit alten Fotos auf den Wänden von vernachlässigter Bausubstanz abzulenken wollen.

Ich bin froh, als ich endlich im Hotel bin. Wieder bei einem Bahnhof, aber heute ist es einer, an dem noch Züge halten. Ich esse gut zu Abend und setze mich dann zum Iren an den Nachbartisch. Er ist sehr an meiner Wanderung interessiert und ich an dem, was er mir erzählt. Wir werden für eineinhalb Stunde Freunde: Chris und Barbara. Wir freuen uns darüber und gehen ohne Wehmut für immer auseinander.

 

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Meine Donau-Route: 28. Tag (vier Wochen)

Etappe 25: Von Grein nach Weins
Tschüss, Pension Martha! Ich habe mich wohl gefühlt.

 

 

 

 

 

„Nur aufs Ziel sehen, verdirbt die Lust am Wandern.“ Friedrich Rückert
Das ist der Spruch auf einer der Wandertafeln, von dem ich mich heute ansprechen lasse.

Also noch nicht in die Ferne schweifen, sondern Freude am heutigen Weg empfinden! Dieser wird mich fast durchgehend entlang der Donau führen, aber auch entlang der B3. Ich bin darauf vorbereitet und störe mich deshalb nicht so sehr am Lärm. Es gibt viel zu sehen und das Wetter ist perfekt zum Wandern.
Ich stelle mir vor, ich säße in einem der Fahrzeuge und hätte überhaupt keine Zeit, all das wahrzunehmen, was mich umgibt. Grein verschwindet langsam im Hintergrund.
Ich hätte keine Zeit die unterschiedlichen Farben und Erscheinungsformen der Donau zu beobachten. Ich könnte nicht den Kähnen hinterher schauen.

Die Straße hat keinen schlechten Namen:
Firma Hasenöhrl muss ein Riesenbetrieb sein. Unglaublich, wie viele Fahrzeuge von denen an mir vorbei brettern.
Ich habe Zeit, Hinweistafeln zu lesen, soweit sie mich interessieren.
Zum Beispiel lese ich die Information zur Hausstein-Kapelle: Hunderte von Menschen kamen früher an dieser Stelle der Donau ums Leben wegen Strudeln oder Wirbeln. Die Kapelle erinnert an diese Bedrohungen, aber heutzutage scheint sie selbst bedroht zu sein.



 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Mautturm von Sarmingstein war einst Teil einer Wehranlage, die wohl auf das 14. Jahrhundert zurück geht.
Es gibt noch viel mehr zu sehen, über das ich am Weg allerdings nicht so genau informiert werde.

Dabei sind auch Lost Places:

Ich überschreite eine Landesgrenze:

Übrigens: NÖ heißt hier nicht NEIN, sondern Niederösterreich 😉.
Manchmal gibt es Erholung von der Straße auf Treppelwegen direkt am Fluss.
Heute ist das Ziel schnell erreicht. Mein Weg war keine 16 Kilometer lang und topfeben. Fast hinter jeder Kurve versteckte sich eine interessante Beobachtung. Ich spürte keinerlei Müdigkeit und lief ohne Pause durch, was mir bei meinem reichhaltigen Frühstück bei Martha recht leicht fiel. Kurz vor Schluss gibt es noch etwas fürs Eisenbahnromantikerinnen-Herz:
 

Vom Balkon meines Gästezimmer sehe ich wieder Vergangenheit. Nach meiner Recherche weiß ich, dass hier wahrscheinlich vor fünfundzwanzig Jahren das letzte Pfeifsignal zu hören war. Ein weiterer Lost Place liegt vor mir.
Ich habe habe ein gemütliches Zimmer, viel Holz, aber alles sehr natürlich. Ich blicke vom Balkon aus auf Donau, B3, Pferdchen und verwaiste Eisenbahnschienen nebst dazugehörigem Gebäude. Bahnhof?

Ich habe schon vor 14:00 Uhr eingecheckt. Das bedeutet sozusagen einen halben Ruhetag. Zuerst gönne ich mir ein Schläfchen. Dann widerspreche ich dem Spruch von heute Morgen (dem mit dem Ziel) und schaue mir zusammen mit Konrad die letzten Etappen bis Wien an. Es wird machbar sein, wenn ich gesund bleibe!

Es gibt ein „Problem“ in diesem Haus: Der Besitzer ist ein hervorragender Sternekoch. Ich bin mit der Speisekarte völlig überfordert, da ich beim Wandern meist wenig Hunger habe. Schlemmen auf so hohem Niveau liegt mir so fern wie ein Opernball. Mein (bezahltes) „Gruß-des-Hauses“-Gedeck kombinierte ich mit äußerst schmackhaften Grammerlknödeln auf Kraut. (Gammerl=Grieben). Sieht nach wenig aus, aber ich bin pappsatt danach.
Mir geht es sehr gut, ich fühle mich nicht schlecht behandelt wegen meiner spartanischen Bekleidung und meines geringen Appetits. Trotzdem verziehe ich mich früh ins Bett und lasse den wunderschönen Tag noch einmal in Ruhe an mir vorbei ziehen.

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Meine Donau-Route: 27. Tag

Etappe 24: Von Wallsee nach Grein

Ich wache mit einer merkwürdigen Laune auf. „Wenn Konrad auch Zweifel am Sinn meiner Weiterreise hat, dann höre ich auf.“. Stattdessen sagt er: „Du kannst doch jetzt nicht mehr abbrechen!“. Diese Aussage setzt mich nicht unter Druck, sondern sie scheint mich zu befreien. Sie hilft mir mich zu entscheiden, die Wanderung bis Wien fortzusetzen, falls keine allzu großen Hürden mehr auftauchen sollten. Nach einem liebevoll gerichteten Frühstück breche ich gut gelaunt vom Hotel auf.

Es geht noch einmal durch das nette Örtchen. (Das ist lebendiger bei Tage als am Abend). Die Pizzeria sah doch gar nicht so schlecht aus von außen. Ich will mich auch nicht beklagen, die Lasagne war gut. Und das Rathaus sieht von der anderen Seite immer noch wie ein Kirchlein aus.

Das Schloss Wallsee entfaltet nur einen Teil seines Reizes vor mir.

Ich spaziere den Weg, den ich gestern mühsam hochgekeucht bin, wieder runter bis zum Fluss.

Unten am Wasser gibt es keine Nixe, sondern das Donaumandl. Dieses wunderte sich einst so sehr über sechs ängstliche Schiffsleute, dass es am Ende nie wieder auftauchte.


Dies ist „nur“ der Altarm der Donau. Auf der rechten Seite sehe ich das Schloss aus ganz anderer Perspektive. Ich laufe noch ein Stück weiter, dann herrscht wieder Power. Das ist die „richtige“ Donau.

Ich laufe als Fußgängerin munter auf dem kleinen Gehweg am Rand übers Wehr. Da sehe ich auf ungefähr halber Strecke folgende Anzeige:

Ich muss da rüber! Nichts sieht gefährlich aus und manchmal sollten Verbotsschilder auch ignoriert werden. Die Autos dürfen ja schließlich auch fahren! Ich laufe rüber, und… erkenne keinerlei Bedrohung. Meine Füße betreten wohlbehalten das andere Ufer.
Dort erwartet mich ein wunderbarer Rastplatz, aber es ist noch viel zu früh für eine Pause. Gustav tankt kurz auf.

 

Heute führt der Weg mal nicht der Donau entlang. Ich werde sie am Abend in Grein wiedersehen. In Mitterkirchen komme ich an einem Keltendorf vorbei. Es zeigt seinen Besuchern mit rund 20 Gebäuden, wie die Menschen in dieser Gegend vor 2700 Jahren lebten.
Ich nehme mir keine Zeit für eine Besichtigung, denn der Himmel wird bedrohlich dunkel. Die Stiftskirche von Baumgartenberg sieht ein wenig verbastelt aus, inmitten der sie umgebenden Klosteranlage.
Es fängt an etwas zu nieseln, der Weg verläuft jetzt jenseits der Straße, wieder ein Stück Donausteig. Teilweise wird es recht matschig und holprig, aber der Wald tut mir gut.
Es geht bergauf und bergab. Ich passe mich den Gegebenheiten an und bleibe gelassen, einige Kilometer lang. Als es dann aber anfängt richtig zu schütten, spekuliere ich auf Burg Clam. Auf den Hinweisschildern des Donausteiges sind Messer und Gabel dargestellt: theoretisch gibt es dort Bewirtung. Ich wäre allerdings schon mit einem Plätzchen zum Unterstellen zufrieden. Auf dem Parkplatz steht ein Reisebus, Hoffnung! Ich laufe durch den Bogen mit offenem Tor und stehe dann vor einem zweiten, verschlossenen Tor.

Hallo, wir haben erst den 10. Oktober! Ein Museum hätte mich heute allerdings sowieso nicht interessiert, höchstens ein Museums-Café. Aber, oh Glück, unter dem Bogen steht auf jeder Seite eine kleine trockene Steinbank. Meine ersehnte Pause kann hier stattfinden: ein Bänkchen für mich, das andere für Gustav.
Ich esse gerade gemütlich mein Käsebrötchen, das ich mir beim Frühstück richten durfte. Da murmelt es hinter dem Tor 2: ah, der Bus. Ich sehe eine Zeit lang nur Füße, und dann geht es los. Während der nächsten Viertelstunde defiliert eine Busladung voller älterer Herrschaften zwischen Gustav und mir hindurch, wie im Film. Manche suchen interessiert das Gespräch und kommentieren meine Wanderung. Für andere sind wir beide einfach nur durchsichtig. Es dauert ewig, bis sich auch die letzten Nachzügler in Richtung Fahrzeug bewegen. Pensionäre auf Tagesausflug, erfahre ich. Die bekamen eine Führung, aber auch keinen Kaffee. Vor ihrer Jause müssen die noch ins Motor-Museum. Und ich muss jetzt irgendwie nach Grein kommen. Es hat fast aufgehört zu regnen.
Der Regen wird wieder schlimmer. Es stresst mich, ständig auf dem Handy den Weg suchen zu müssen. Das Gerät sollte doch trocken bleiben! Da sehe ich auf einer kleinen Landstraße ein Schild: Grein 6 Kilometer. Ich beschließe dieser Beschilderung bis zum Ortsschild zu folgen und das Handy in der Hosentasche zu lassen, gut geschützt in seiner Plastiktüte. Eine gute Entscheidung! Die Landschaft ist reizvoll und der Verkehr mäßig. In meinem quietsche-orangenen Regenoutfit fühle ich mich gut sichtbar. Der Regen hört sogar langsam auf.
Grein sei nett, hat vorher ein Pensionär zu mir gesagt und ich gebe ihm recht:
Ich komme relativ entspannt in meiner Pension an (letztes Bild) und lasse den Abend angenehm im Städtchen ausklingen.
Ich bin heute ähnlich weit gewandert wie gestern und war mehr Widrigkeiten ausgesetzt. Aber ich habe mich ganz anders gefühlt: frisch, wach und gelassen. Wien wartet auf mich…? Konrad kauft sich schon eine Fahrkarte.❤️

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Meine Donau-Route 26. Tag

Etappe 23 :Von Mauthausen nach Wallsee

Mein merkwürdiges Hotel ist verweist. Ich verabschiede mich nur von einem Mitarbeiter, der kein Deutsch versteht. Im Café am Kai frühstücke ich mit Torte und Cappuccino. (Das Bäckerei-Café entdecke ich erst danach.) Dann noch etwas Sightseeing:

Meine Recherche ergibt, dass der „Monolith mit Fahrrad“ 1995 anlässlich des 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers aufgestellt wurde. Ich finde keinerlei schriftlichen Hinweis dazu, genauso wenig wie irgendwelche andere Hinweise auf die nationalsozialistische Geschichte des Ortes. Die Gedenkstätte  scheint genug zu sein.
Ich lasse den Ort gerne hinter mir und überquere mal wieder den Fluss.
Heute laufe ich auf der rechten Seite der Donau.
Ist denn noch Frühling? Nein, eindeutig Herbst!

Ich sehe einen Frachter und glaube jetzt zu verstehen: Das ist vielleicht so etwas wie ein Lastwagen mit Anhänger: Die „Schrott-Fahrzeuge“ von gestern waren sozusagen die Anhänger und warten am Ufer, bis sie abgeholt werden.

Zeit für Recherche: Schubschiff (mit Motor)+ Schubkahn=Schubverband
Wenn ich das richtig verstehe, waren das gestern Schubkähne und vielleicht ist das vor mir einer davon. Oh, ich bin schon ein richtiges Landei!
Heute ist der ideale Wandertag mit 20 Grad und durchgehendem Sonnenschein. Ich krame mein Hütchen hervor.
Es ist so schön hier! Ich laufe auf dem Fahrradweg, auf dem erstaunlich wenig los ist. Der Fluss zieht gemächlich dahin, ich passe mich ihm in meditativer Stimmung an… und werde ziemlich schnell müde. Heute Nacht habe ich schlecht geschlafen.
Da erfordert der Weg eine Entscheidung. Fahrräder und Autos verboten! Und Fußgänger? Von denen steht nichts. Das kann beides heißen: geht nicht oder geht doch. Dann bin ich mal mutig und muss halt notfalls den Umweg in Kauf nehmen.
Der Weg wird furchtbar. In der Ferne höre ich einen Bagger. Vor meinem inneren Auge taucht ein unüberwindbarer Bauzaun auf. Ich laufe weiter und finde rechts des abstoßenden Damms einen angenehmen sandigen Pfad. In der Ferne fährt mir eine Radlerin auf diesem Pfad entgegen. „Komme ich hier weiter?“ „Na klar!“ Ich bin erlöst.
Der Baggerfahrer hat Mittagspause, als wir einander zuwinken. Die Firma Hasenöhrl (wirklich!) sorgt dafür, dass der Graben und der Weg jenseits des Deiches verbessert werden. Ich laufe beruhigt weiter bis alles wieder in einen Fahrradweg mündet. Der „verbotene Weg“ liegt hinter mir.
Gut Die Welt ist wieder in Ordnung, ich bin so erleichtert dass ich mich auf eines der vielen Bänkchen lege und döse.
Noch ein kleines Highlight, bevor ich den Fluss verlassen werde: 485 Flusskilometer seit Ulm!
Ich bin nicht einmal so traurig über die Abwechslung, als ich meinen Weg verlasse. Erst geht es noch eine Weile über einen zweiten Damm, bis ich den Auwald erreiche.

Der Wald bewirkt eine angenehme Veränderung in mir. Die Müdigkeit verfliegt, meine Sinne werden angeregt.

Ich traue meinen Augen nicht: Hier abseits von Radweg und Straße befindet sich mitten im Auwald eine Getränkestation mit und ohne Alkohol (auf Vertrauensbasis). Wer organisiert das für wen? Ich werde keine Kundun, weil ich noch genug Wasser habe und es vor dem Ziel kein Bier gibt.
Dies ist nicht wieder die Donau, sondern ein Altarm. Ich befinde mich auf dem wunderbaren Altarmweg. Es fühlt sich äußerst angenehm an dort zu laufen, auch wenn es am Ende sehr matschig wird.
Da werde ich wohl auf Socken einchecken müssen! Wie gut, dass die geflickt sind.
Das Örtchen Wallsee scheint recht lebendig zu sein. Ich sehe viele Wirtschaften, finde sogar einen kleinen Lebensmittelladen und eine Mini-Tankstelle. Das Rathaus sieht aus wie eine Kapelle.
Als ich dann am Abend zum Essen gehe, sieht alles ganz anders aus. Eine einzige Wirtschaft hat geöffnet. „Bei uns gibt es aber nichts zum Essen!“ Meine letzte Option bleibt die Pizzeria. Diese weicht erheblich von meinen Vorstellungen ab, denn sie sieht mehr aus wie ein Döner-Imbiss.
Die Lasagne schmeckt wirklich gut, und ich habe mal gespart, nachdem beim Frühstück Schlemmen angesagt war.
Alles in allem bin ich nur 22 Kilometer gelaufen. Die Motivation war etwas gedämpft, vor allem während des ersten Teils. Mal sehen, wie es morgen weitergeht.

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Meine Donau-Route: 25. Tag

Etappe 22: Von Linz nach Mauthausen

Nachdem ich gestern Nachmittag keine Lust mehr auf Kaffee und Kuchen hatte, wird die Linzertorte heute morgen im Café der k. u. k. Hofbäckerei nachgeholt.
“1656 würde die Linzertorte zum ersten Mal in einem Rezept erwähnt, sie gilt als die älteste der bekannten Routen der Welt. Die kuk Hofbäckerei rühmt sich zweier Tatsachen: Die älteste Bäckerei von Linz zu sein und Linzertorte seit jeher im Sortiment geführt zu haben…“

Als ich auschecke, erkundige ich mich nach dem historischen Hintergrund der merkwürdigen Anlage. „Das Haus ist 500 Jahre alt. Früher war es ein Kloster und seit zweihundert Jahren ist es ein Hotel.“ Ich bin beeindruckt. Aber wie gut, dass ich beispielsweise meinem Bad nichts davon angemerkt habe.
Bevor ich die Stadt verlasse, laufe ich am Kepler-Haus vorbei. Helmut motiviert mich mit seinem Kommentar.

Langsam lasse ich Linz hinter mir, die Stadt wird in meinem Rücken immer kleiner. Links von mir wird ein Jahrmarkt angebaut. Es stimmt mich etwas traurig.
Langsam durchbricht die Sonne den Nebel und löst Glücksgefühle aus.
Auf einer der vielen Tafeln am Wegesrand lese ich den Spruch, der mich durch den Tag begleiten soll:
“ Kein Weg ist zu lange für den, der langsam und ohne Eile vorwärts schreitet; kein lockendes Ziel liegt zu fern für den, der sich mit Geduld rüstet.“ Jean de la Bruyere
(stimmt sicherlich nicht immer😉)

Auf der rechten Seite des Flusses liegt der Hafen von Linz. Er zieht sich scheinbar endlos in die Länge.
Als ich denke, dass nun endlich mal Schluss sein könnte, geht es erst richtig los. Ich laufe unter den Brücken hindurch und finde ein Bänkchen für meine erste Pause. Und lese auf einer Tafel: „Von hier hat man einen beeindruckenden Blick auf die bizarre Industriearchitektur der VOEST-Alpine und des Chemie-Parks. Die VOEST besitzt als größter Arbeitgeber Österreichs besondere Bedeutung für die Wirtschaft der Stadt Linz und Oberösterreichs…“
Ich sitze da und beobachte. Bagger hieven Material in verschiedenen Farben vom Wasser in Lastwagen. Mehrere Güterzüge ziehen von rechts nach links. Rauch und/oder Dampfwolken ziehen nach oben, manchmal sogar rabenschwarz. Ein halber Tanker legt ein mühseliges Wendemanöver hin. Hier wird hart gearbeitet und ich spaziere so einfach nur so der Donau entlang…
Ich komme an mehreren dieser parkenden Riesen vorbei, die für mich überwiegend wie Schrott aussehen.
Dann gibt es urplötzlich wieder liebliche Aulandschaft, als wäre der Industriespuk nie gewesen.
Wie auf Bestellung taucht genau zum richtigen Zeitpunkt einen Cappuccino-Oase auf.

Frisch und munter laufe ich danach weiter auf einen Fußweg entlang des Donau-Altarms. Da erschrecke ich.

Ich informierte die beiden Damen, die hinter mir laufen. „Das ist nur eine Natter. Schlangen kommen hier häufig vor. Da müssens aufpassen, dass Sie nicht auf eine treten.“ „Gibt es hier auch giftige Schlangen?“ „Weiß nicht, glaube aber eigentlich nicht.“ Okay, mein Blick richtet sich von nun an konzentriert auf den Boden, aber ich sehe kein einziges Reptil mehr.

Heute sammle ich Smileys.

Ungefähr fünf Kilometer vor dem Ziel wird es wieder schwierig. „Hier könnens nicht laufen, das ist ein Privatweg. Außerdem ist er überschwemmt!“, sagt eine Frau, die extra wegen mir aus ihrem Haus raus kommt. Dann muss ich halt wohl oder übel den Weg an der Straße durch Gosen nehmen.
Ich sehe die Donausteig-Beschilderung zur Gedenkstätte von Mauthausen. Ich will die grausame Geschichte des größten Konzentrationslagers Österreichs nicht ausblenden, aber der Umweg ist mir zu groß und bis ich da wäre, hätte sie sowieso geschlossen. Die Leichtigkeit meiner Stimmung ist verflogen. Diese Häuserzeile bedrückt mich.
An der Seite lese ich auf einem provisorischen Plakat: „Auf diesen Grund befinden sich bauliche Überreste des Konzentrationslagers Gusen (Zweiglager des KZ Mauthausen)…“
Und angeblich gibt es auch hier eine Gedenkstätte, die aber offensichtlich so schlecht ausgeschildert ist, dass ich sie nicht finde. Aktuell seien wohl noch Anpassungsarbeiten im Gange, was auch immer das heißt.
Im Internet erfahre ich, dass diese Gebäude zum Lager gehörten und nach dem Krieg zu Wohnungen ausgebaut wurden. Der Rest der Anlage wurde weitestgehend zerstört. Somit war sie lange aus der Wahrnehmung verschwunden.

Auf meinem letzten Wegabschnitt gibt es nichts mehr, was mein Interesse fesselt, außer Schloss Pragstein, kurz vor dem Ziel.

 

In meinem einfachen Gasthof fühle ich mich zwar nicht sonderlich willkommen, aber ich kann dort zu Abend essen und sehe von meinen Fenster aus die Donau.

Die 25 Kilometer waren heute gut zu laufen, nachdem ich gleich zu Beginn mit dem Spruch zur Geduld motiviert wurde. Ich versuchte bewusst immer wieder mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und das Ziel auszublenden. Der Ruhetag hat mir gut getan.

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Meine Donau-Route: 24. Tag

Ruhetag in Linz

Wie gestalte ich meinen freien Tag? Er ist der erste, an dem mich Konrad nicht besucht. Das habe ich natürlich auch nicht erwartet, aber trotzdem fühlt es sich ein wenig komisch an. Mir wird trotzdem nicht langweilig.

Genießen und erholen:

1. Frühstück in der k. u. k. Hofbäckerei (Portion Kaffee mit Apfelstrudel)
2. Beim Cappuccino in der Sonne Nachrichten schreiben und verschicken
3. Mittagsschlaf im Hotel
4. Fernsehen vom Bett aus (Leider bin ich moderne Fernsehgeräte nicht gewöhnt, deshalb schaffe ich es nicht eine geeignete Lautstärke einzustellen. Ich schaue noch ein wenig frustriert auf dem Tablet fern, verliere aber schnell die Lust.)
5. Abendessen im Gösser Keller

Erledigungen:
1. Post: Ich schicke den Schlüssel zurück, welchen ich in Haibach versehentlich mitgenommen habe.
2. Apotheke: Ich kaufe neues Magnesium gegen Muskelzipperlein.

Wäsche:
Ich stopfe die vier Löcher, welche ich mir in die Strümpfe gelaufen habe. Waschtag war schon gestern Abend.

Moderates Sightseeing:
Jetzt bin ich schon bei Stromkilometer 2120 angelangt: Der Fluss hat seit Ulm 465 Kilometer hinter sich. Sorry, Helene, ich kann das Wasser der Lone nicht mehr so genau erkennen😉.

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Meine Donau-Route: 23. Tag

Etappe 21: Von Schloss Mühldorf nach Linz

Ich wache auf, schaue aus dem Fenster und wer begrüßt mich da? Die Sonne!
Wie schön, endlich leuchtet die Umgebung mal wieder.

Den Wunsch über dem Tor lasse ich auf mich wirken, bevor ich ohne Frühstück weiterziehe.
Ich komme am Golfplatz vorbei, wo mir bereits um kurz vor neun ein dynamischer Golfer aus der Ferne zuwinkt, während sein Gefährt alleine vor ihm herfährt. Leider gibt es kein Golfrestaurant um meinen Koffein-Bedarf zu decken.
Ach Schlösslein, wie schön wäre es, wenn bald wieder mehr Leben bei dir einziehen würde… Tschüss!
In der übernächsten Ortschaft trinken die bereits um halb zehn Bier und es riecht nach Fleisch. Nirgendwo steht auch nur eine leere Kaffeetasse rum.

Ich stapfe geduldig weiter bis an die Donau.
Idyllisch, und ich sehe verschiedene Ruderboote. Gut, wenn die am Sonntag ihrem Hobby nachgehen! Aber da ist noch mehr:
Ich komme kurz vor elf am „Restaurant und Café an der Regatta“ vorbei und jubiliere. Die öffnen um elf und ich bekomme endlich ein Frühstück! Ich befinde mich im Regattazentrum Ottersheim:
„Dieses nutzt den rund 2 Kilometer langen Altarm der Donau für Ruder- und Kanuwettbewerbe. So finden dort jährlich die Staatsmeisterschaften im Rudern statt.“ Wie beeindruckend, und ich habe noch nie von dem Städtchen gehört. Dabei sieht es recht schmuck aus:

Ich laufe auf dem sandigen Treppelweg (Treidelpfad) direkt neben der Donau weiter. Hier könnte ich leicht ins Wasser fallen, wenn ich unachtsam wäre. Meine Füße freuen sich über den angenehm weichen Boden.
Nach etwa fünfhundert Metern mündet ein kleiner Bach in den Fluss und nur zwei Bretter führen hinüber. Das ist definitiv nicht mein Weg mit dem Rucksack! Ich kehre um und maule innerlich ein wenig ob der einzigen Alternative: der Fußgänger- Radweg entlang einer befahrenen Bundesstraße. Auch hier darf ich nicht unachtsam sein, denn heute am Sonntag, sind einige Radler unterwegs. Nach ein paar unangenehmen Kilometern versuche ich es noch einmal direkt am Fluss. Ich erkundige mich vorher nach der Begehbarkeit des Pfades, der mich mit Bäumen und weichem Untergrund lockt. „Hier können’s gut bis nach Linz laufen!“. Jetzt sieht die Welt wieder ganz anders aus.
Es zieht sich heute wieder. Meine Füße fühlen sich schwer an, obwohl sie nur 20 Kilometer laufen müssen (ohne Umwege). Als ich dann endlich die Stadt erreiche, bin ich überrascht von dem munteren, sonntäglichen Treiben am Fluss. Ich muss mich erst mal wieder an die vielen Menschen gewöhnen.
Ich laufe auf der Nibelungenbrücke über den Fluss. Da liegen wieder einige Kreuzfahrtschiffe am Ufer. Mein Weg zum Hotel wird zum touristischen Highlight: der Hauptplatz entzückt mich im warmen Sonnenlicht, so wie viele andere auch.
Mein Hotel ist recht ungewöhnlich. Jedes Zimmer führt ins Freie. Es gibt keine Flure, sondern die Räume ziehen sich entlang von blumengeschmückten Geländern, an Stegen mit alten hölzernen Planken. Ganz hinten links ist mein etwas dunkles, heimeliges Zimmer.
Am Abend bummle ich noch ein wenig, bevor ich in der Nähe des Hotels zu Abend esse. Warum hat mich das Wandern heute so angestrengt? Es gab doch überhaupt keinen wirklichen Grund dafür. Wahrscheinlich brauche ich einfach nur einmal wieder eine Pause. Wie gut, dass morgen Ruhetag ist!

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