Meine Donau-Route: 30. Tag

Etappe 27: Von Pöchlarn nach Loosdorf

Beim Frühstück halte ich mich länger als geplant auf, denn mein Tischnachbar ist Schachspieler und hat heute Nachmittag ein Turnier. Mir fehlt leider jederlei Zugang zu diesem Spiel und deshalb versucht er mich mit seiner Begeisterung anzustecken. Vergeblich, aber er weiß es nicht. Dann wird es Zeit.

Die schönsten Anblicke der Stadt erlebte ich gestern. Heute führt mein Weg erst über den Friedhof und dann durch das Industriegebiet.
Ich hätte nicht gedacht, dass Tiernahrung in einem so großen Werk hergestellt wird. Komoot führt mich auf einem Pfad am Rande des Betriebes zur Donau. Noch bevor ich am Fluss bin, sehen meine Schuhe so aus:
Wenn mir mein gesunder Menschenverstand nicht versichert hätte, dass auf einem Betriebsgelände kein gefährliches Moor sein kann, dann hätte ich wahrscheinlich bei dem weichen Untergrund Angst bekommen.
Ich erreiche die Donau dann auch wohlbehalten. Auf der anderen Seite werden Menschen eher halbherzig davon abgehalten, den gleichen Fehler zu begehen wie ich.

Ich schäme mich zwar erst ein wenig wegen meiner Schuhe, aber dann sehe ich sie als Gelassenheitsübung. Wahrscheinlich bin ich seit meiner Kindheit nicht mehr so gezielt durch Pfützen gestampft.
Es nieselt und gießt im Wechsel. Manchmal hört es wieder auf und ich denke, dass der Regen überstanden ist. Dann geht es wieder von vorne los. Dieser Wechsel nervt, aber er verhindert, dass ich allzu nass werde.
In beide Richtungen der Donau sieht es trübe aus. Ich komme trotzdem konstant voran, lasse mich vom Wetter nicht allzu sehr stören. Das Stift Melk wechselt mehrmals sein Erscheinungsbild. Mal liegt es mystisch verschleiert im Hintergrund, mal wird es vom Regen verhüllt.
Wie abwechslungsreich doch Baustellengelb im Regen sein kann!
Melk ist nicht nur mein Ziel, sondern auch das von einigen Kreuzfahrern.
(=546 Flusskilometer von Ulm entfernt) – Tschüß Donau, ich verlasse dich jetzt eine Weile und werde dich vor Wien wiedersehen❤️.
Ich habe vor, in Melk ein wenig zu schlendern und ein paar typische Eindrücke von der Stadt mit der Kamera einzufangen. Aber es kommt anders. Seit 1451 wird am 13. Oktober der Kolomanitag gefeiert, genannt nach Koloman, dem Schutzpatron der Stadt. Da sind alle auf den Beinen. Das Wetter scheint niemandem etwas auszumachen.

 

 

 

 

 

Ich freue mich für die fröhlichen Leute, aber mir ist der Rummel zu viel. Ich verziehe mich in ein gemütliches Café und genieße Melange mit Apfelstrudel.
Danach steige ich die Treppen zum Stift hoch und möchte in Ruhe das Gebäude würdigen.
Auch nicht möglich. Hier ist es fast genauso bevölkert wie unten in der Stadt.

 

 

 

 

 

Unter einem der Bögen finde ich ein angenehmes Plätzchen, auf dem ich mich vor dem Regen schützte. Ich kann von dort aus gefühlt hundert Menschen beobachten, die auf eine Führung warten.

 

 

 

 

 

Noch ein letzter Blick auf die Stadt und weiter geht‘s.
Ich bleibe meist auf der Landstraße nach Loosdorf, nachdem sich zwei alternative Wege als zu nass, beziehungsweise nicht existent herausgestellt haben.

Das Hochwasser hat hier schwer gewütet, erfahre ich von einer Spaziergängerin. Sie erzählt mir das Schicksal ihrer Tochter.

Ich erinnere mich, dass ich gestern in der Nähe der Ybbs-Mündung viele Kürbisse gesehen habe und mich fragte, wer die wohl dort kompostieren wollte. Heute im Café erfuhr ich, dass die Kürbissernte an manchen Stellen von der Flut ans Ufer geschwemmt worden sei. Ohje, und nicht nur die Donau, sondern auch die kleinen Flüsslein waren betroffen.

Manch ein Örtchen hat hier sein eigenes Schloss:

Schloss Pielach
Schloss Albrechtsberg
Diese Immobilien wirken leider recht renovierungsbedürftig.

“Was werden die in meinen Bed& Breakfast sagen, wenn ich mit meinen Schuhen auftauche?“ Niemand sagt etwas, denn niemand ist da. Ich rufe eine Telefonnummer an und erfahre meine Zimmernummer. „Essen? Ja, vielleicht vom Döner-Imbiss oder in der Pizzeria. Und Frühstück gibt es bei uns auch nicht. Das Erdgeschoss wurde vom Hochwasser zerstört.“ Ach, die Armen!
Eigentlich finde ich es sowieso schon traurig, dass der vermutlich einst stolze Gasthof heute nur noch Übernachtungsgäste beherbergt.
Ich laufe in den Ort, verspüre dort aber keine Lust, mir einen Döner zu kaufen um ihn dann in meiner 70er-Jahre Küche zu essen. Die Pizzeria suche ich vergeblich. Sie existiert nicht (mehr). Vor meinem inneren Auge sehe ich mich dann doch einen Döner auspacken, da entdecke ich diesen Asia Wog, ein richtiges Restaurant. Ich bin hocherfreut.
Ente (bzw. Hühnchen) gut, alles gut. Es gibt sogar noch einen kostenlosen Vitamin-Cocktail als Nachtisch.

 

 

 

 

 

 

njIch blicke gern auf den Tag zurück, obwohl nicht alles rund lief. Aber es gab Abwechslung und ich fühlte mich gut. Die 21 Kilometer Wanderung mit Sightseeing bedeuteten keinerlei Herausforderung. Hoffentlich bleibe ich so fit, denn es wird in den nächsten Tagen bestimmt ganz anders werden.

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