Etappe 24: Von Wallsee nach Grein
Ich wache mit einer merkwürdigen Laune auf. „Wenn Konrad auch Zweifel am Sinn meiner Weiterreise hat, dann höre ich auf.“. Stattdessen sagt er: „Du kannst doch jetzt nicht mehr abbrechen!“. Diese Aussage setzt mich nicht unter Druck, sondern sie scheint mich zu befreien. Sie hilft mir mich zu entscheiden, die Wanderung bis Wien fortzusetzen, falls keine allzu großen Hürden mehr auftauchen sollten. Nach einem liebevoll gerichteten Frühstück breche ich gut gelaunt vom Hotel auf.
Es geht noch einmal durch das nette Örtchen. (Das ist lebendiger bei Tage als am Abend). Die Pizzeria sah doch gar nicht so schlecht aus von außen. Ich will mich auch nicht beklagen, die Lasagne war gut. Und das Rathaus sieht von der anderen Seite immer noch wie ein Kirchlein aus.
Das Schloss Wallsee entfaltet nur einen Teil seines Reizes vor mir.
Ich spaziere den Weg, den ich gestern mühsam hochgekeucht bin, wieder runter bis zum Fluss.
Unten am Wasser gibt es keine Nixe, sondern das Donaumandl. Dieses wunderte sich einst so sehr über sechs ängstliche Schiffsleute, dass es am Ende nie wieder auftauchte.
Dies ist „nur“ der Altarm der Donau. Auf der rechten Seite sehe ich das Schloss aus ganz anderer Perspektive. Ich laufe noch ein Stück weiter, dann herrscht wieder Power. Das ist die „richtige“ Donau.
Ich laufe als Fußgängerin munter auf dem kleinen Gehweg am Rand übers Wehr. Da sehe ich auf ungefähr halber Strecke folgende Anzeige:
Ich muss da rüber! Nichts sieht gefährlich aus und manchmal sollten Verbotsschilder auch ignoriert werden. Die Autos dürfen ja schließlich auch fahren! Ich laufe rüber, und… erkenne keinerlei Bedrohung. Meine Füße betreten wohlbehalten das andere Ufer.
Dort erwartet mich ein wunderbarer Rastplatz, aber es ist noch viel zu früh für eine Pause. Gustav tankt kurz auf.
Heute führt der Weg mal nicht der Donau entlang. Ich werde sie am Abend in Grein wiedersehen. In Mitterkirchen komme ich an einem Keltendorf vorbei. Es zeigt seinen Besuchern mit rund 20 Gebäuden, wie die Menschen in dieser Gegend vor 2700 Jahren lebten.
Ich nehme mir keine Zeit für eine Besichtigung, denn der Himmel wird bedrohlich dunkel. Die Stiftskirche von Baumgartenberg sieht ein wenig verbastelt aus, inmitten der sie umgebenden Klosteranlage.
Es fängt an etwas zu nieseln, der Weg verläuft jetzt jenseits der Straße, wieder ein Stück Donausteig. Teilweise wird es recht matschig und holprig, aber der Wald tut mir gut.
Es geht bergauf und bergab. Ich passe mich den Gegebenheiten an und bleibe gelassen, einige Kilometer lang. Als es dann aber anfängt richtig zu schütten, spekuliere ich auf Burg Clam. Auf den Hinweisschildern des Donausteiges sind Messer und Gabel dargestellt: theoretisch gibt es dort Bewirtung. Ich wäre allerdings schon mit einem Plätzchen zum Unterstellen zufrieden. Auf dem Parkplatz steht ein Reisebus, Hoffnung! Ich laufe durch den Bogen mit offenem Tor und stehe dann vor einem zweiten, verschlossenen Tor.
Hallo, wir haben erst den 10. Oktober! Ein Museum hätte mich heute allerdings sowieso nicht interessiert, höchstens ein Museums-Café. Aber, oh Glück, unter dem Bogen steht auf jeder Seite eine kleine trockene Steinbank. Meine ersehnte Pause kann hier stattfinden: ein Bänkchen für mich, das andere für Gustav.
Ich esse gerade gemütlich mein Käsebrötchen, das ich mir beim Frühstück richten durfte. Da murmelt es hinter dem Tor 2: ah, der Bus. Ich sehe eine Zeit lang nur Füße, und dann geht es los. Während der nächsten Viertelstunde defiliert eine Busladung voller älterer Herrschaften zwischen Gustav und mir hindurch, wie im Film. Manche suchen interessiert das Gespräch und kommentieren meine Wanderung. Für andere sind wir beide einfach nur durchsichtig. Es dauert ewig, bis sich auch die letzten Nachzügler in Richtung Fahrzeug bewegen. Pensionäre auf Tagesausflug, erfahre ich. Die bekamen eine Führung, aber auch keinen Kaffee. Vor ihrer Jause müssen die noch ins Motor-Museum. Und ich muss jetzt irgendwie nach Grein kommen. Es hat fast aufgehört zu regnen.
Der Regen wird wieder schlimmer. Es stresst mich, ständig auf dem Handy den Weg suchen zu müssen. Das Gerät sollte doch trocken bleiben! Da sehe ich auf einer kleinen Landstraße ein Schild: Grein 6 Kilometer. Ich beschließe dieser Beschilderung bis zum Ortsschild zu folgen und das Handy in der Hosentasche zu lassen, gut geschützt in seiner Plastiktüte. Eine gute Entscheidung! Die Landschaft ist reizvoll und der Verkehr mäßig. In meinem quietsche-orangenen Regenoutfit fühle ich mich gut sichtbar. Der Regen hört sogar langsam auf.
Grein sei nett, hat vorher ein Pensionär zu mir gesagt und ich gebe ihm recht:
Ich komme relativ entspannt in meiner Pension an (letztes Bild) und lasse den Abend angenehm im Städtchen ausklingen.
Ich bin heute ähnlich weit gewandert wie gestern und war mehr Widrigkeiten ausgesetzt. Aber ich habe mich ganz anders gefühlt: frisch, wach und gelassen. Wien wartet auf mich…? Konrad kauft sich schon eine Fahrkarte.❤️
Du dachtest wirklich an Aufgeben? Das kann nicht sein! Gut, dass Du einen guten Motivation hast! Danke, Konrad! <3
Genau, aufgeben gilt nicht. Der grüne Schimmer ganz hinten am Horizont müsste der Steffl sein!