Etappe 18: Von Erlau nach Engelhardszell (Österreich)
Ich habe heute Nacht bestens geschlafen, meine Laune ist gut, auch wenn keine Sonne angesagt ist.
Ein bisschen ist es zunächst wieder wie am Rhein, rechts oben erfreut mich Burg Krämpelstein.
Bereits gestern habe ich vergeblich auf einen Zug entlang der Trasse links über mir gewartet. Jetzt weiß ich warum:


1973 wurde die Strecke bereits endgültig stillgelegt und ich warte gute fünfzig Jahre später immer noch auf einen vorbeifahrenden Zug…😉
Dann schaue ich halt lieber rechts nach den Wasserfahrzeugen. Ist das ein LKW fürs Wasser oder ein Schiff? Ich weiß es nicht!
Kurz vor Obernzell begegne ich wieder einer Meerjungfrau.
Das Städtchen wirkt mit seinen bunten Häusern recht freundlich, aber beim genaueren Hinsehen entdecke ich dazwischen einigen Leerstand und Verfall.

Wer ist hier wohl Schlossherr? Niemand! Die Fürstbischöfe von Passau ließen sich einst das Bauwerk als Wasserschloss errichten und heute gehört es dem Freistaat. Es beherbergt eine Keramikmuseum und ist geöffnet für Besichtigungen, aber nicht für mich. Ich will weiter!


Am Wegesrand finde ich viele Infotafeln, die mir teilweise recht interessante Aufklärung bieten. So erfahre ich endlich etwas über Isa, der Nixe, die hier in der Gegend wohnt.
Wenn der Nebel plötzlich über die Schiffsleute herein bricht, dann erscheint sie und lockt alle, die ihrem Gesang verfallen, in ihr unterirdisches Schloss. Das ist gar nicht so verwunderlich, denn sie ist die Schwester der Loreley.
„Ihr Kleid glitzert und flimmert im Mondschein. Dunkel und geheimnisvoll blitzen ihre Augen. In ihre Haare hat sie einen grünen Schilfkranz und ein Gewinde von bunten Blumen geflochten. Die funkeln wie Sterne, um sie herum leuchtet das Wasser…“
Und darunter lese ich einen Spruch von Kierkegaard:
„Wenn der Weg unendlich scheint und plötzlich nichts mehr gehen will, wie du es wünschst, gerade dann darfst du nicht zaudern.“
Heute brauche ich keine Aufmunterung, aber vorgestern – während der letzten zwei Kilometer – wäre das ein gutes Motto gewesen.
Dann taucht eine Wanderoase auf, ohne dass ich sie mir gewünscht hatte, und das gelbe Schild stellt einen bedeutenden Unterschied zu vielen anderen Gaststätten am Wegesrand dar:


Ich gönne mir einen Cappuccino mit Waldbeerenkuchen. Bald ziehe ich weiter.
Der Weg ist abwechslungsreich. Links von mir erhebt sich das Naturschutzgebiet „Donauleiten“ (Leiten=steiler Hang), rechts zieht sich der mittlerweile riesige Fluss majestätisch dahin.
Mich führt ein Trampelpfad direkt an der Donau entlang, keine Fahrradfahrer und wenige Autos auf der Straße. Dann gibt es keinen Gehweg mehr, ich laufe am Rand der Fahrbahn. Es tröpfelt ein wenig, ich lege mir und Gustav Regenbekleidung an. Das ist zwar völlig unnötig, aber so sind wir für Autofahrer gut sichtbar.

Ich komme zum Kraftwerk Jochenstein. „Wenn ich hier nicht über die Donau komme, dann habe ich ein Problem. Die Fähren verkehren an Feiertagen (3. Oktober!) nicht .“ Doch alle Sorge umsonst😊. Mich erwartet sogar ein richtiges ein Ausflugsziel. Das „Haus am Strom“ (doppelte Bedeutung!) bietet Infos und Unterhaltung für Jung und Alt. Der Nixenbogen erinnert an Isa.
„Das Schloß liegt tief unter dem Jochenstein, die Wände sind mit Muscheln und Perlen geschmückt. Die Pfeiler sind mit blauen Saphiren und Diamanten besetzt. Der Boden ist aus Elfenbein. Manchmal leuchtet es in mondhellen Nächten auf.“
Mich hat schon das Kraftwerk in Passau überrascht, aber am Jochenstein bin ich noch mehr beeindruckt (Bauzeit 1953 bis 1956).



Ich bin stolz, als ich die Grenze überquere.
Zwei Schleusen:
Gewaltige Wassermassen:

Diese Schmalspurbahn wurde bis 1992 zum Transport von Schwemmgut benutzt, das sich beim Kraftwerk in der Donau angesammelt hatte.
Und dann noch eine Sage:
Der Teufel errichtete einst aus großen Steinböcken in der Donau eine Mauer, um die frommen Seelen im Donautal bis hinein in die Bischofsstadt Passau zu ertränken. Einmal, jedoch, fehlte ein Stein und in seinem Zorn zerstörte er die ganze Mauer. Die Macht des Bösen hatte ein Ende. Nur ein Felsblock blieb stehen. Der sah aus wie das Joch einer Brücke und wurde deshalb „Jochenstein“ genannt.

Auf dem Schmuggler- und Trepperlweg (Treidelpfad) geht es weiter bis zu den Radfähren Isa und Loreley.

Auch hier scheint heute nichts los zu sein, im Gegensatz zu diesen beiden Kreuzfahrt-Damen:
Da werden gerade die Passagiere mit Bussen herangefahren. Ich informiere mich noch über die Donau-Kilomertrierung und bin schon wieder etwas stolz auf mich.

Es geht nun rechts ab in mein Gasthaus Goldenes Schiff. Von meinem Zimmer aus habe ich einen prächtigen Blick auf den Fluss.
Im Restaurant begegnet mir Isa schon wieder. Ich hätte ja meinen überbackenen Palatschinken – gefüllt mit Spinat und Schafskäse – mit ihr geteilt. Aber ihr nach innen gerichteter Blick lässt vermuten, dass sie eher auf Männerfang aus ist.
Es war ein wunderbarer, abwechslungsreicher Tag. Das Laufen fiel mir bei den ebenen 21 Kilometern nicht sonderlich schwer. Es gab überhaupt keine „Durststrecken“ oder „Standbilder“.






Und zwischendurch Kierkegaard! Der Spruch wir Dir sicher irgendwann wieder in den Sinn kommen – und Mut machen! 🙂