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22. September: von Römerstein Böhringen nach Dettingen an der Erms

Ich blicke heute morgen aus dem Fenster und denke: „Auch gut, da habe ich wenigstens die Regenklamotten nicht umsonst mit rumgeschleppt!“Das erste Foto des Tages gibt es erst unter einer Brücke, wo ich im Trockenen bin.
 
Der Regen lässt nach und ich werde langsam mutiger beim Fotografieren.
Ich drehe mich um und nehme Abschied von Böhringen. Dabei entdecke ich ein aussagekräftiges Straßenschild: Ausgangsort, erstes Ziel, drittes Ziel und einen Teil meiner Adresse (die vierte Angabe ist aber ein Irrläufer).
 
Es macht mir nichts aus auf dem Radweg neben der Bundesstraße zu laufen. Es ist sowieso nicht allzu viel los, nachdem sich der Berufsverkehr verzogen hat.
Die Sonne gerät nicht in Vergessenheit:


Dann aber Empörung: als es steil runter nach Urach geht, soll ich direkt an der Bundesstraße laufen, so ganz ohne Seitenstreifen! Und dabei bin ich mir heute morgen so schlau vorgekommen als ich statt eines nassen, vielleicht gefährlichen Wanderweges die Fahrradroute wählte, die mir Komoot präsentierte. Jetzt improvisiere ich einfach und lande auf einem erstaunlich schönen Weg. Mystische Impressionen fesseln meine Aufmerksamkeit.

Erst jetzt fällt mir so richtig auf, wie sehr ich mich durch die letzten drei Tagen verändert habe: ich sehe wieder den Weg als Ziel, spüre weder Eile noch Bedenken wegen Überforderung.
Die Blümelein legen einen Ruhetag ein:

Der Regen stellt seine künstlerischen Talente zur Schau:
Und dann wieder Waldbaden: nicht einmal so wortwörtlich, denn der Regen hat fast aufgehört.

Ich bin unachtsam und lande erneut an der Bundesstraße. Fasziniert nehme ich diese aus ganz ungewohnter Perspektive wahr:
Ich muss ungefähr einen Kilometer weit zurück bergauf laufen und es macht mir nichts aus. Ich genieße den Weg mit allen Sinnen. So viel Gelassenheit ist ganz neu in diesen Tagen, wahrscheinlich sind das die Endorphine.
Danach folgt eine Wegstrecke, die ich noch bei Blaubeuren als „Überforderung“ bezeichnet hätte. Doch jetzt packe ich in aller Ruhe meine Stöcke aus und vertraue mich ihnen an. Schritt für Schritt komme ich ganz langsam voran.
 
Selbst die beiden Stationen des erneuten Hindernisparcours können mit nicht schocken. Was ich da nicht alles gratis geliefert bekomme…

Ich beobachte mich selbst, wie ich auf einmal ungezwungen vor mich hin singe oder ungeniert dilettantisch pfeife.
Ich bin seit dem Frühstück keinem Menschen mehr begegnet, da rauscht auf einmal ein Läufer in ungefähr meinem Alter an mir vorbei: „Auf große Reise?“ „Ja und Riesenrespekt für Ihre Joggingleistung, vor allem bei diesem Wetter!“ Und schon ist er verschwunden. Welten liegen zwischen unseren Geschwindigkeiten.
Ich erreiche den Aussichtspunkt Wölfling und bin überwältigt.
 
Ich bemerke, dass ich wieder in meinem Erwachsenenleben angekommen bin.
Urach, beispielsweise, habe ich vor allem wegen eines gelungenen Lehrerausfluges in guter Erinnerung. Dort füge ich diesem wunderbaren Tag mit einem Cappuccino noch ein weiteres Highlight hinzu.

Dann ein wenig Sightseeing:

Und weiter geht es nach Dettingen erst durch den Kurpark und dann an der Erms entlang.
 Erstaunlich, wie sich das Wetter entwickelt hat. Der Himmel wird langsam wieder blau und die Regenjacke verschwindet im Rucksack.

Die Straße wird am Nachmittag völlig anders beleuchtet als am Morgen.
Und dann wird Dettingen fürs Sightseeing noch extra noch von der Sonne angestrahlt.

In meinem Hotel Rössle lasse ich den Tag angenehm ausklingen. Ich bin jetzt wieder gut bei mir angekommen. Vielleicht werde ich morgen sogar eine Etappe überspringen, denn die möglichen Quartiere entsprechen nicht meinen eher bescheidenen Vorstellungen. Aber, was soll’s, ich habe ja zur Gelassenheit zurück gefunden…
So gesehen ist mein Ziel eigentlich jetzt schon erreicht 😊. Ich fühle mich wieder bei mir selbst daheim!!!

 

 

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