DAHEIM

24. September: von Tübingen nach Oberjettingen 

Mit Bus und Ammertalbahn geht’s zurück nach Tübingen. Herrenberg liegt noch im Nebel. Gustav darf zuhause bleiben, stattdessen geht der kleine Lieblingsrucksack mit.

In Tübingen scheint bereits die Sonne, auch wenn es noch recht frisch ist. Zunächst einmal frühstücke ich, so wie an allen anderen Wandertagen auch.
Und doch ist es heute anders als sonst, denn hier in Tübingen fühle ich mich bereits HEIMisch. In diesem Café bin ich nicht zum ersten Mal. In dieser Stadt habe ich studiert. Hier ist unsere Tochter zur Welt gekommen. Mir fallen unzählige Ausflüge, Einkaufserlebnisse oder Kinobesuche ein.
Postkartenmotive liegen an meinem Weg. Ich muss einfach noch einmal fotografieren.

Die Sonne erleuchtet weitere Eyecatcher:

Weisheit der Straße:
Langsam verlasse ich die Stadt und nähere mich dem geliebten Schwärzlocher Hof.

Aber der zauberhafte Biergarten liegt im Schatten und hat geschlossen. Ich komme also nicht in Versuchung hier zu versumpfen und die Wanderung vorzeitig zu beenden. So viele freie Parkplätze… (Okay, die Gefahr wäre um zehn Uhr am Morgen sowieso nicht so groß gewesen😉)

Also weiter! Ammertal, Ammerhof und Ammer erfreuen das Auge der Wandersfrau.
 
Die Strecke ist mir seit Studientagen vertraut:
Unterjesingen, Pfäffingen, Poltrigen, Reusten, Altingen, Tailfingen…

 
Heute habe ich zum ersten Mal Gelegenheit für neue Perspektiven.
Poltringer Wasserschloss mit Lama:
 
Ganz vorsichtig betrete ich den Rand des Naturschutzgebiets Kochhartgraben und lasse mich auf einem Baumstamm zur Mittagspause nieder. Von dort aus habe ich einen hervorragenden Blick auf die Straße und das Ammertal.

Die tragische Vergangenheit des Steinbruchs wird mir jetzt wieder bewusst:

Auf einer Gedenktafel lese ich:
“Für den Ausbau des Flughafens Hailfingen wurden in den Wintermonaten 1944/1945 KZ-Häftlinge eingesetzt. 15 bis 20 von ihnen mussten im Steinbruch der Firma August Schäfer & Söhne täglich Steine brechen und mit Kipploren zum Schotterwerk bringen, das etwa 50 Meter von hier in unmittelbarer Nähe des Sees stand. …“
Ich trotte dann weiter und habe Zeit zwischen Reusten und Altingen den wunderbaren Blick auf den Schönbuch zu bewundern.
Anschließend wandere ich auf einem Weg, der mir von Radtouren mit unseren Kindern noch sehr gut in Erinnerung geblieben ist. Die Autobahnbrücke wirkt wie ein Bilderrahmen für die Landschaft.

Die Temperatur ist angenehm, die Sonne gibt ihr Bestes. Ich habe mein Käppi im Gustav vergessen und muss improvisieren. So komme ich gut geschützt bei Tailfingen an den Stützmauern der ehemaligen Wengertterrassen vorbei.

Schon immer hat mir die Landschaft beim Sträßchen zwischen Tailfingen und Nebringen gefallen.

Ich liebe die Kunstwerke des Nebringer Schrottkünstlers Ackermann. Als er 1994 zusammen mit Jugendlichen diese Kreuze schuf, war unser Sohn dabei.

An der katholischen Kirche in Nebringen raste ich zum zweiten Mal und lasse Erinnerungen aufkommen: wir waren dabei, als diese Kirche gebaut und 1994 geweiht wurde. Wir durften hier einige Jahre lang auf vielfältige Weise Gemeinde erleben und mit gestalten.
 
Wir wohnten 25 Jahre in Nebringen und den kürzesten Fußweg zu meinem jetztigen Wohnort kenne ich besser als Komoot und Google Maps zusammen.

Schlosskapelle und Schloss Sindlingen:

Ab jetzt läuft es sich von ganz alleine.
. 
Und dann bin ich einfach so da?! „Willkommen zuhause“ hängt wieder über der Türe, wie im letzten Jahr. Ich freue mich riesig!!!

Ich bin HEIM gekommen, nach Oberjettingen und auch zu mir. Große Zufriedenheit breitet sich langsam aus nach dieser einzigartigen einzigartigen Wanderung. Ich bin jetzt einfach nur glücklich!!!

 

 

 

 

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23. September: von Dettingen an der Erms nach Tübingen

Heute Abend werde ich wieder daheim sein, denn es erscheint mir wenig sinnvoll in Tübingen zu übernachten. In der vergangenen Nacht meinte ich an den schlechten Träumen zu spüren, dass meine Reise doch noch nicht so ganz am Ende sein soll. Also werde ich daheim wie in einem Hotel übernachten und danach in die Stadt zurückkommen um, wie geplant, die letzte Etappe zu laufen.
Abschied von Dettingen:

Es ist kurz nach neun, die Luft ist kühl und die Sonne scheint. Der ideale Wandertag! Es geht noch eine Weile an der Erms entlang weiter.

Ich genieße es auf diese Weise in der Morgenfrische die heutige Wanderung zu beginnen.

Kurz darauf blicke ich wieder entzückt in die Weite und erkenne, dass die Weinlese bereits im Gange ist.

Danach stapfe ich eher gelangweilt durch bebautes Gebiet, bis ich in Metzingen mit dem Rathaus endlich wieder einen Eyecatcher finde. Nein, hier wird nicht im Outlet geshoppt!!!

„Stairways to Heaven?“ Nein, nur der Aufstieg zu einem schönen Wiesenwanderweg.

Und dann wieder das obligatorische Waldbaden, diesmal mit Hindernisparcours auf Anfängerniveau.

Leben aus dem gefällten Baum? Wie kann das sein?
Auf Wald folgt wieder Flur mit Gänsen und Gartenkressefeld.

Das Kirchlein in Reicheneck ist ein Hingucker.

Danach geht es eine Weile bergab und bergauf bis ich im Neckartal lande.

 
Es ist Zeit für die Mittagspause. Ich laufe noch eine Weile dem Neckarradweg entlang und warte auf ein geeignetes Bänklein. Aber es taucht überhaupt keine Sitzgelegenheit auf. Also beschließe ich, dass ich mein Styropor-Sitzkissen nicht umsonst herumgetragen habe. Ich setzte mich an den sehr grünen Fluss und genieße Studentenfutter mit Wasser.

Neckartal in beide Richtungen:

In Altenburg finde ich genau das, was mir im Augenblick fehlt:
Neckartalviadukt:


Ich lasse mich von Komoot auf den Neckarweg führen.
 
Jetzt habe ich genug von Wanderwegen und geselle mich bis Tübingen zu den Radfahrenden.
 
Noch ein klassisches Foto von der Eberhardsbrücke aus und ich dann hole ich Konrad vom Bahnhof ab.

Wiedersehensfreude – kurzes Flanierien mit Erfrischungsgetränk – Abendessen: mehr ist nicht mehr drin. Während der Heimfahrt mit der Ammertalbahn werde ich überhaupt nicht nachdenklich, denn ich schlafe die ganze Zeit. Daheim gehe ich dann umgehend ins Bett. Daheim und doch noch nicht ganz daheim! Die großen Gefühle folgen dann hoffentlich morgen…

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HEIM

22. September: von Römerstein Böhringen nach Dettingen an der Erms

Ich blicke heute morgen aus dem Fenster und denke: „Auch gut, da habe ich wenigstens die Regenklamotten nicht umsonst mit rumgeschleppt!“Das erste Foto des Tages gibt es erst unter einer Brücke, wo ich im Trockenen bin.
 
Der Regen lässt nach und ich werde langsam mutiger beim Fotografieren.
Ich drehe mich um und nehme Abschied von Böhringen. Dabei entdecke ich ein aussagekräftiges Straßenschild: Ausgangsort, erstes Ziel, drittes Ziel und einen Teil meiner Adresse (die vierte Angabe ist aber ein Irrläufer).
 
Es macht mir nichts aus auf dem Radweg neben der Bundesstraße zu laufen. Es ist sowieso nicht allzu viel los, nachdem sich der Berufsverkehr verzogen hat.
Die Sonne gerät nicht in Vergessenheit:


Dann aber Empörung: als es steil runter nach Urach geht, soll ich direkt an der Bundesstraße laufen, so ganz ohne Seitenstreifen! Und dabei bin ich mir heute morgen so schlau vorgekommen als ich statt eines nassen, vielleicht gefährlichen Wanderweges die Fahrradroute wählte, die mir Komoot präsentierte. Jetzt improvisiere ich einfach und lande auf einem erstaunlich schönen Weg. Mystische Impressionen fesseln meine Aufmerksamkeit.

Erst jetzt fällt mir so richtig auf, wie sehr ich mich durch die letzten drei Tagen verändert habe: ich sehe wieder den Weg als Ziel, spüre weder Eile noch Bedenken wegen Überforderung.
Die Blümelein legen einen Ruhetag ein:

Der Regen stellt seine künstlerischen Talente zur Schau:
Und dann wieder Waldbaden: nicht einmal so wortwörtlich, denn der Regen hat fast aufgehört.

Ich bin unachtsam und lande erneut an der Bundesstraße. Fasziniert nehme ich diese aus ganz ungewohnter Perspektive wahr:
Ich muss ungefähr einen Kilometer weit zurück bergauf laufen und es macht mir nichts aus. Ich genieße den Weg mit allen Sinnen. So viel Gelassenheit ist ganz neu in diesen Tagen, wahrscheinlich sind das die Endorphine.
Danach folgt eine Wegstrecke, die ich noch bei Blaubeuren als „Überforderung“ bezeichnet hätte. Doch jetzt packe ich in aller Ruhe meine Stöcke aus und vertraue mich ihnen an. Schritt für Schritt komme ich ganz langsam voran.
 
Selbst die beiden Stationen des erneuten Hindernisparcours können mit nicht schocken. Was ich da nicht alles gratis geliefert bekomme…

Ich beobachte mich selbst, wie ich auf einmal ungezwungen vor mich hin singe oder ungeniert dilettantisch pfeife.
Ich bin seit dem Frühstück keinem Menschen mehr begegnet, da rauscht auf einmal ein Läufer in ungefähr meinem Alter an mir vorbei: „Auf große Reise?“ „Ja und Riesenrespekt für Ihre Joggingleistung, vor allem bei diesem Wetter!“ Und schon ist er verschwunden. Welten liegen zwischen unseren Geschwindigkeiten.
Ich erreiche den Aussichtspunkt Wölfling und bin überwältigt.
 
Ich bemerke, dass ich wieder in meinem Erwachsenenleben angekommen bin.
Urach, beispielsweise, habe ich vor allem wegen eines gelungenen Lehrerausfluges in guter Erinnerung. Dort füge ich diesem wunderbaren Tag mit einem Cappuccino noch ein weiteres Highlight hinzu.

Dann ein wenig Sightseeing:

Und weiter geht es nach Dettingen erst durch den Kurpark und dann an der Erms entlang.
 Erstaunlich, wie sich das Wetter entwickelt hat. Der Himmel wird langsam wieder blau und die Regenjacke verschwindet im Rucksack.

Die Straße wird am Nachmittag völlig anders beleuchtet als am Morgen.
Und dann wird Dettingen fürs Sightseeing noch extra noch von der Sonne angestrahlt.

In meinem Hotel Rössle lasse ich den Tag angenehm ausklingen. Ich bin jetzt wieder gut bei mir angekommen. Vielleicht werde ich morgen sogar eine Etappe überspringen, denn die möglichen Quartiere entsprechen nicht meinen eher bescheidenen Vorstellungen. Aber, was soll’s, ich habe ja zur Gelassenheit zurück gefunden…
So gesehen ist mein Ziel eigentlich jetzt schon erreicht 😊. Ich fühle mich wieder bei mir selbst daheim!!!

 

 

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HEIM

21. September: von Heroldstatt Sontheim nach Römerstein Böhringen

Die Ortschaften, durch die ich komme, bieten eher wenig Sightseeing-Potential. Aber die Kirchen verpassen ihnen dann schon eine gewisse Individualität: Sontheim und Böhringen

Ich breche um neun Uhr auf und frühstücke dann in einer netten Bäckerei. Danach geht es richtig los, ich freue mich. Mir tut nichts weh und die Sinne öffnen sich langsam wieder.

 
Hier auf der Albhochfläche warten keine besondere Herausforderungen oder gar Überforderungen auf mich, aber trotzdem lauert Gefahr:
 
Der ehemalige Truppenübungsplatz Münsingen ist heutzutage eine Kulturlandschaft wie vor 150 Jahren. Allerdings war die Gegend damals weder mit Munition belastet, noch wurden die Menschen gezwungen sich nur auf den mit überdimensionalen Streichhölzern markierten Wegen aufzuhalten.

Aber es ist trotzdem beeindruckend schön hier.

Diese Panzersperren könnten doch auch moderne Schrottkunst sein?
 
Hier blüht noch Oregano oder Hartriegel und die Wegwarte traut sich sogar aus den Steinchen hervor.
Schattenselfies in der heißen herbstlichen Sonne:
 
Achtung: erneuerte „Gefahr“ beim Verlassen des Geländes

 
Mit solch gut visualisierter Unterstützung schaffe ich es souverän das völlig menschenleere Gebiet sicher zu verlassen.

Jetzt ist es Zeit für ein Mittagspäuschen:
Ohje, ich bin müde, da mache ich doch einfach mal ein Schläfchen auf der gemütlichen Bank.
 
Meine Erholungsstätte ist eigentlich erst bei Nacht so richtig interessant. Hierhin kann man dem vielen künstlichen Licht entfliehen und mit Hilfe von zwei ausführlichen Tafeln den Sternenhimmel deuten. Ich könnte das heute Nacht ausprobieren, aber ob mir das wirklich in den Sinn kommt, steht jetzt noch in den Sternen.Es geht angenehm weiter, ich trödele lässig, habe genug Zeit.

Die Bewohner der rauen Alb konnten sich früher keinen solchen Luxus erlauben. Steinige Böden zwangen sie zu harter Arbeit.
   
Nachzügler:
 
Ein wenig Waldbaden ist mir heute auch noch vergönnt.


Und dann komme ich an…


Ich entspanne mich erst einmal und heute Abend gibt es dann Maultaschen mit Speckmarmelade. (Das habe ich vorher auch noch nicht gehört, aber es schmeckt nicht nur mir sehr gut!)
Heute kam langsam die Wanderbegeisterung wieder auf. Ich fühlte mich ungezwungener, da meine Gedanken nicht mehr so viel um die letzten Tage in Gögglingen kreisten. Es war mir sogar manchmal so, als ob mich die Sonne kitzeln oder der Wind streicheln würde.

„Da machen Sie ja alles richtig!“ sagte ein alter Mann unterwegs zu mir, der sich zuvor für meine Situation interessiert hatte. HOME!

 

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HEIM

20. September: von Blaubeuren nach Heroldstatt

Ich laufe zum Frühstücken von Weiler zurück nach Blaustein. Und da ich sowieso schon mal da bin, überprüfe ich nochmals kurz die Farbe des Blautopfes. Vielleicht war das abendliche Licht gestern an der grünen Farbe schuld?
 
Nööö…, war es nicht!

Jetzt führt der Weg die Schwäbische Alb hoch und zunächst genieße ich die Aussicht.

Hier geht es erwartungsgemäß steil bergauf und ich puste wie eine Kettenraucherin. Wie gut, dass ich wirklich in meinem Tempo laufen kann und niemand gelangweilt auf mich warten muss. Die schönen Felsen belohnen mich für die Anstrengung.

 
Die Wanderwege halten ihre Herausforderungen bereit:
beispielsweise in Form von Kletterübungen oder Brennnessel-Parcours.

 
Bei den steilen, engen Wegstücken bin ich jetzt sehr froh, dass mich Konrad letztes Jahr an Weihnachten mit neuen Stöcken überrascht hat.

 
Mittagspause: weder Gustav noch ich haben dabei Lust zum Lesen.
 

Eigentlich ist jetzt Herbst, aber ich schwitze im Sonnenschein wie im Sommer.
Der Weg ist heute sehr anstrengend für mich. Ich habe bald wieder Durst und wünsche mir eine Bank. Da bekomme ich eine ganze Hütte.

 
Viele schöne Wege in Wäldern oder auf Wiesen…

  
Auf dieser Straße waren wir öfters von Gögglingen nach Hause unterwegs. Ich überquere sie nachdenklich um von meinem Wiesenwanderweg zu einem Fahrradweg zu gelangen.
Ich komme erschöpft in meinem Landhotel an, obwohl „nur“ gute 16 Kilometer hinter mir liegen. Solche Steigerungen sind halt einfach nicht mein Ding…
Doch alles ist schnell vergessen, hier bin ich gut aufgehoben. Das Besitzer-Ehepaar freut sich, dass ich aus Jettingen bin, denn sie sind selbst aus dem Kreis Böblingen, aus Deckenpfronn, genauer gesagt. Die Hausgäste bekommen auf Wunsch ein warmes Abendessen und ich fühle mich damit wie im siebten Himmel, zumal ich mit einem Gast aus Duisburg dabei ausgiebig angeregt plaudern darf.
Gögglingen war gestern (trotz der Textnachrichten, in denen ich noch Kleinigkeiten regeln konnte). „Going Home“ ist heute!

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HEIM

19. September: von Gögglingen nach Blaubeuren 

Fast fünfzig Jahre wohnten meine Eltern in ihrem Heim. Jetzt ist die Zeit vorbei, mein Vater ist vor über drei Jahren gestorben und meine Mutter lebt seit vorgestern in einer netten Seniorenresidenz.

Anstrengende Tage liegen hinter meinem Bruder und mir. Meine Mutter durfte mit der Feier ihres neunzigsten Geburtstags noch einen würdigen Abschied von zuhause erleben.
Die letzten zwei Nächte verbrachte ich allein in dem Haus voller Erinnerungen und mir war bereits vorher bewusst, dass es nach dieser körperlichen und emotionalen Anspannung kein einfaches „Back-to-normal“ geben würde. Wandern wollte ich sowieso auch in diesem Jahr wieder und so war mir irgendwann klar, dass ich vom HEIM meiner Eltern HEIM laufen wollte.
Ich brach heute morgen um halb zehn auf. Heute würden natürlich noch einmal viele Erinnerungen aufgekocht werden:

Hier im Ritter haben wir vor 45 Jahren unsere Hochzeit gefeiert.

Diese Kirche gehört zu dem Friedhof, auf dem mein Vater begraben ist.

Ich war immer ein wenig stolz auf die Donau bei Gögglingen.


In Gögglingen lebte ich nur gute zwei Jahre, aber in Einsingen blieben wir acht Jahre, nachdem wir 1966 von Wuppertal dorthin gezogen waren.

 Hier verbrachte ich mit meiner Omi die erste Nacht in Süddeutschland. Damals war dieses Gebäude ein Gasthaus mit dem etwas zweifelhaften Namen „Zum Blauen Affen“.

Als ich relativ kurz nach unserem Umzug Röteln bekam, stand für mich der Schuldige schnell fest: der Rötelbach!
 
Ein einziges Mal schwammen Forellen in diesem Bächlein. Ich schaute begeistert zu, wie die Nachbarsbuben hier mit emsigem Fischfang den Speiseplan ihrer Familie aufbesserten.
Irgendwann hat unser Hund Bobby mal am Rötelbach ein Huhn gerissen, weil ich ihn unerlaubt frei laufen gelassen hatte. Diesen tragischen Vorfall habe ich damals einfach allen verschwiegen.


Ab hier begannen die letzten Meter der anstrengenden Schultage. Oben rechts am letzten Haus hatte ich es dann geschafft.
 
Der damalige Pfarrer dieser Kirche betrieb schwärzeste Religionspädagogik. Der Himmel scheint sich daran zu erinnern und schickt mir die Sonne zum Trost.
 



Auch wenn mein Kopf noch voll ist und ich weit weg bin von den positiven Wandererfahrungen des letzten Jahres, berühren mich die Eindrücke von Natur und Landschaft.
 
Wegwarten dekorieren meine Strecke.

Pause für Gustav und mich !!!

Hier in Beiningen waren wir oft zum Schifahren. Erstaunlich, dass der Lift noch existiert.

Blaubeuren ist mir vertraut durch Schulausflüge. Ich weiß noch wie wir hier am Bahnhof ausstiegen.
Außerdem bot die Stadt mit seinem Blautopf stets ein angenehmes Ambiente für Familienausflüge.
 
 
Den Topf habe ich richtig blau in Erinnerung!

Die schöne Lau…



Das HEIM meiner Eltern liegt nun über zwanzig Kilometer hinter mir und ich fühle mich jetzt nicht mehr ganz so sehr in meinen Erinnerungen gefangen.

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Heimreise

Drei Tage unterwegs

Obwohl mir der Abschied von Geli, Bernhard und Wuppertal sehr schwer fällt, gelingt es Konrad mich zur Heimreise zu bewegen.

Er hat es ganz geschickt eingefädelt, denn ich darf mir zwei Stationen aussuchen, die mir besonders gut gefallen haben. Meine Wahl fällt auf das Alte Amtsgericht in Oppenheim und Speyer. Wir unterbrechen dort jeweils unsere Zugfahrt und verbringen die Nacht in den bereits von mir getesteten Häusern. Zuerst steigen wir in Köln um.

In Oppenheim und Speyer bin ich fast ein wenig wehmütig, dass die Zeit irgendwie doch so schnell vergangen ist.

Am 25. Oktober um drei Uhr ist es dann soweit: ich komme nach genau sechs Wochen wieder zuhause an.
Ich bin froh und dankbar, dass alles so reibungslos geklappt hat. Durch die unterschiedlichsten Erfahrungen, Begegnungen und Erinnerungen hat mich meine persönliche Route 66 bestimmt verändert und jetzt bin ich bereit für einen neuen Abschnitt in meinem Leben.
Zum Schluss erwartet mich noch eine Überraschung: meine Nachbarn haben mir
eine Willkommensfreude vorbereitet:
 

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Wuppertal

Zehnter und elfter Tag: Cronenberg und Skulpturenpark

Zum Mittagessen werden wir mit Waffeln, Milchreis und Kirschen verwöhnt und haben eine gute Grundlage für unsere Wanderung durch den Wald nach Küllenhahn. Wir stärken uns im Café Schwarz bevor wir auf der Sambatrasse (ehemalige Bahnstrecke des Schienenbusses, der den Namen wegen seiner schaukelnden Bewegung trug) zurücklaufen. Auf dem Weg sehen wir die Schwebebahn und den Schienenbus, die an frühere Zeiten erinnern.

Am nächsten Tag besuchen wir den Skulpturenpark Waldfrieden im Wald zwischen Barmen und Elberfeld. Der Künstler Tony Cragg hat das Grundstück der Villa Waldfrieden in ein Ausstellungszentrum für Skulpturen verwandelt. Diese Villa wurde nach dem Krieg für den Wuppertaler Lackfabrikanten Kurt Herberts nach anthroposophischen Vorstellungen gebaut, der dort 1989 starb.

Wir sind zwar Kunstbanausen, aber das eine oder andere Kunstwerk bringt uns zum Nachdenken. Manchmal schütteln wir aber einfach auch nur den Kopf. Hier eine kleine Auswahl:

Am Abend bekommen wir eine Zaubervorführung von Bernhard. Nach dem Abendessen beenden wir den Tag wieder mit Kartenspielen.

 

 

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Wuppertal

Neunter Tag: Konrad kommt

Nachdem wir vom Manuelskotten wieder in Cronenberg angekommen sind, besuchen wir noch einmal das gemütliche Café und stärken uns mit Kaffee und Kuchen.

Dann fahren wir mit dem Bus zum Hauptbahnhof in Elberfeld um Konrad abzuholen. Dieser hat endlich beschlossen der Einladung von Geli und Bernhard zu folgen, vielleicht aus Angst, dass ich sonst nicht mehr zurück kommen würde. 😉 Ich schaue mich auf dem neugestalteten Gelände etwas um und werfe einen Blick in die Stadt.

Wir gehen danach gemeinsam nach Elberfeld und kommen vorbei an der lebensgroßen Bronzefigur der Mina Knallenfalls, einer Heldin der Mundartdichtung aus der Zeit der Wuppertaler Industrialisierung. Auf dem weiteren Weg werde ich etwas traurig darüber, dass der Uhrenladen Abeler nicht mehr an gewohnter Stelle existiert und das dazugehörige Glockenspiel verstummt ist. Wir halten uns dort also nicht lange auf und gehen weiter zum Rathaus.
 
 
Wir gehen zum Essen und danach ins Kneipenviertel. Im Café du Congo trinken wir ein Tannenzäpfle vom Fass, so klein ist die Welt.

Vom Bahnhof aus nehmen wir dann wieder den Bus zurück nach Cronenberg. Konrad hat bestimmt an seinem ersten Abend bereits einen ganz lebendigen Eindruck von Wuppertal bekommen.

 

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Wuppertal

Neunter Tag: von Eisen und Stahl – von Sensen und Werkzeugen

Solinger Stahl ist wahrscheinlich nicht nur mir bekannt. Ich habe allerdings vor meinem Aufenthalt in Wuppertal noch nie über mögliche Gründe nachgedacht. Erst im Müngstener Brückenpark begann ich mich für Hintergründe von Stahl und Sensen im Bergischen Land zu interessieren. Als wir dann eine „Back-in-time-Reise“ zum Manuelskotten unternehmen, kann ich mir aufgrund fachkundiger Erläuterungen am Beispiel Cronenberg langsam ein Bild machen.

Auf einer Tafel ist zu lesen:
„Von Cronenberg in die Welt
Seit dem Mittelalter hatte sich die Eisen- und Stahlindustrie im Raum Cronenberg-Remscheid-Solingen zu einem prosperierenden Wirtschaftszweig entwickelt. Grundlage dafür bildeten die vor Ort reichlich Rohstoffe Eisenerz, Holz und Wasser. … Seinen weltweiten Ruf als Produktionsstätte hochwertiger Werkzeuge hat sich Cronenberg zunächst durch die Herstellung von Sensen, Sicheln und Sichten erarbeite. … Das von 1600 bis 1809 geltende „Sensenprivileg“ räumte den Schmieden, Schleifern und Kaufleuten besondere Vorrechte in der Fertigung und im Vertrieb der Waren ein. …“

Bereits auf dem Weg durch das Bergische Land waren mir die Hinweisschilder auf verschiedene ehemalige „Hammer“ aufgefallen. Wir lassen uns vom Fachmann erklären:
Im “Hammer“ wird geschmiedet und im „Kotten“ geschliffen.

Hier vor Ort erschließt sich uns die Bedeutung der Rohstoffe Wasser und Holz von alleine.

Sensenprivileg und Erzabbau sind schon lange Vergangenheit, doch die Metallverarbeitung ist in Cronenberg immer noch ein wichtiger Industriezweig. Selbst im Manuelskotten arbeitet heute noch ein Schleifer. Er beliefert Kunden in aller Welt. Sein Arbeitsplatz wirkt trotz der vielen historischen Kostbarkeiten wegen Staub und Chaos eher wenig attraktiv. Er wird vom Förderverein Manuelskotten e.V. unterstützt, damit das Industriedenkmal funktionstüchtig bleibt.
 
Wir befinden uns im letzten erhaltenen Schleifkotten mit funktionstüchtigem oberschlächtigem Wasserrad samt Fliehkraftregler.

Unter Anderem steht hier auch eine alte Dampfmaschine.

Mein Auge bleibt erfreut an den mehreren alten Geräten hängen.

Ich bin ganz entzückt wegen der vielen alten Kleinigkeiten.

Wir finden Spuren von Humor und bergischer Gastfreundschaft.

Ich habe im Manuelskotten viel gesehen und gelernt. Das Erstaunlichste ist allerdings für mich, dass hier auch Hochzeit gefeiert werden kann, wie eine der Töchter von Geli und Bernhard vor Jahren bewiesen hat.
 

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